Prof.'in Dr.'in phil. Susanne Lang

Kynopädagogik


Erziehung und Bildung mit Hunden - Tiere als Co-Lehrende


Der Einbezug von Tieren in die sozialpädagogische Arbeit hat eine lange Geschichte, ohne jedoch systematisch dokumentiert zu sein. Hierzu entwickeln sich in den letzten Dekaden einige interessante Praxis- und Forschungsfelder (vgl. Wesenberg 2019).


Die Kynopädagogik beinhaltet bildungsbezogene Aktivitäten im Zusammenhang mit Hunden, mit der Zielsetzung, das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Ein Beispiel hierfür sind Begleithunde-Besuche in verschiedenen Bildungseinrichtungen, in Kliniken und Heimen.
 

Sozialpädagogische Begleittiere

Sozialpädagogische Begleitiere, in der Regel Hunde, begleiten Sozialpädagog*innen im Rahmen eines Bildungskonzeptes mit konkreten, adressatenorientierten Zielen (vgl. Vernooij/Schneider 2018).


Ziele sind dabei zum Beispiel: das Verbessern und Stärken von Ressourcen und Fähigkeiten, sowie das Erreichen von Lernfortschritten im sozial-emotionalen Bereich und die Sensibilisierung für Nachhaltigkeitsthemen in Bezug auf soziale wie soziotechnische Mensch-Tierverhältnisse (vgl. Haraway 1995, 2016). Die Durchführenden sind meist ausgebildete (Sozial-)Pädagog*innen, die zusammen mit speziell ausgebildeten Tieren/Hunden arbeiten.

Phil-Lou, Campus-Hund an der HS Mannheim seit 03/2023


Mögliche Aktions- oder Themenfelder


Motorik/Psychomotorik: 
Durch Interaktionen mit dem Hund kann sich die Gesamtbeweglichkeit sowie die Grob- und Feinmotorik verbessern. Die nonverbale Kommunikation begünstigt das Zusammenspiel von Gefühlen und Bewegungen und führt so zu einer Verbesserung der (Psycho-)Motorik.


Soziale Kompetenzen: 
Intentionen des Hundes sind nonverbal vermittelt, deren Decodierung führt zu einer Verbesserung zwischenleiblicher Kommunikation. Die Interaktionen mit dem Tier lassen sich auf Mensch-Mensch-Interaktionen transferieren. Der emotionale Austausch mit dem Tier ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den eigenen sowie mit fremden Emotionen. Die nonverbale und kritiklose Kommunikation führt zur Reduzierung sozialer Ängste sowie zu einem verbesserten Umgang mit anderen Menschen.

Aufmerksamkeit und Wahrnehmung: 
Aufgrund der Beobachtung der nonverbalen Kommunikation mit dem Hund und anhand des Erfordernisses, die Signale des Hundes sensibel wahrzunehmen, verbessert sich die Wahrnehmung, die Konzentration sowie die Aufmerksamkeit. Dies beinhaltet auch die sinnliche Wahrnehmung, die Verknüpfung von Wahrnehmung und Intuition.

Emotionen/Beziehungen:
Durch den Beziehungsaufbau zum Hund können Bedürfnisse nach Kontakt und Nähe erlebt werden. Rücksichtnahme, soziale Sensibilität sowie adäquate Formen der Selbstbehauptung werden gestärkt. Der Hund kann den Adressat*innen das Gefühl vermitteln, ohne Vorbehalte gemocht und akzeptiert zu werden. Die Affektkontrolle wird durch die direkte und situationsgleiche Kommunikation gefördert und die Frustrationstoleranz verbessert.


Artikulation/Kognition: 
Der Umgang mit einem Hund kann zur Anregung der Laut- und Wortproduktion führen. Adressat*innen können angstfrei mit oder über das Tier sprechen, was zu einer Verbesserung der Artikulationsfähigkeit und der Sprechfreude führt. Beziehungserfahrungen zum Hund können auf Mensch-Mensch-Beziehungen transferiert werden. Die nonverbale Kommunikation wird gefördert. Dies führt zu einer Verbesserung leiblicher (Selbst-)Wahrnehmung.



Quellen: 

 
Haraway, D. (2016): Das Manifest für Gefährten: Wenn Spezies sich begegnen – Hunde, Menschen und signifikante Andersartigkeit. Übersetzt von Jennifer Sofia Theodor. Merve: Berlin


Haraway, D. (1995): Ein Manifest für Cyborgs. Feminismus im Streit mit den Technowissenschaften. In: Haraway, Donna: Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt a. M. und New York 1995. S. 33- 72. (Erstmals erschienen unter: Haraway, Donna: Manifesto for Cyborgs: Science, Technology, and Socialist Feminism in the 1980's. In: Socialist Review 80. 1985. S. 65-108.), http://www.medientheorie.com/doc/haraway_manifesto.pdf

 

Vernooij, M.A.; Schneider, S. (2018, 4. Auflage): Handbuch der tiergestützten Intervention. Quelle und Meyer: Wiebelsheim

 

Wesenberg, S. (2019): Tiere in der Sozialen Arbeit: Mensch-Tier-Beziehungen und tiergestützte Interventionen (Grundwissen Soziale Arbeit, Band 34), Kohlhammer Verlag: Stuttgart


Share by: